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Ein Zeitstrahl zu Geschichte und Geschichtsbildern des Nahostkonflikts

Jenseits von Schwarz-Weiß

Diese Methode dient einer vertiefenden Behandlung der historischen Voraussetzungen und Grundkonstellationen des Nahostkonflikts. Der Fokus liegt dabei auf der Frühzeit des Konflikts, angefangen bei der steigenden jüdischen Einwanderung in das historische Palästina bis zur Staatsgründung Israels, dem ersten Israelisch-Arabischen Krieg und der aufkommenden Flüchtlingsfrage.

Allgemeine Informationen 

Konzeptioneller Zugang

Die Wahrnehmung des Nahostkonflikts ist von widerstreitenden Geschichtsbildern und Geschichtsdeutungen geprägt, wobei oft vereinseitigende Schemata von Schwarz-Weiß bzw. Gut-Böse vorherrschen. Die darauf aufbauenden Geschichtsverständnisse werden in der Regel emotional und gegeneinander diskutiert. Anhand ausgewählter historischer Beispiele lernen die Teilnehmenden nicht nur die wechselvolle Geschichte der Region kennen, sondern auch zwei idealtypische Narrationen aus einer „israelischen“ und einer „palästinensischen“ Perspektive. Über die Vermittlung konkreten Wissens zur Geschichte und Gegenwart des Konflikts hinaus soll diese Methode dazu anregen, sich mit der Geschichte der Anderen zu beschäftigen und mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinanderzusetzen.

Lernziele

Die Teilnehmenden erfahren wichtige Meilensteine der (Vor-)Geschichte der Staatsgründung Israels und der damit zusammenhängenden Konflikte. Sie lernen unterschiedliche jüdische und arabische Perspektiven auf die Ereignisse und Entwicklungen kennen und werden sich der Komplexität des Konflikts bewusst.

Material

Material-Download, Beamer/Smartboard, Pinnwände oder eine lange Tischreihe oder eine freie Wand

Zeit

165 Min (15 Min/150 Min)

 

Schritt 1: Kurzvortrag

Input (15 Min)

Die Teamenden geben den TN (im Stuhlkreis) anhand von Kartenmaterial einen knappen kursorischen Überblick über ausgewählte Entwicklungen aus der Geschichte der Region des heutigen Israel. Im Fokus stehen dabei die sich im Laufe der Zeit immer wieder wandelnden politischen, kulturellen und religiösen Verhältnisse, wobei im Ergebnis herauszustellen ist, dass...

 

... die Region unterschiedlichen und häufig wechselnden Herrschern unterstand, aber niemals ein eigenständiges Gebilde war.

… sich die Zusammensetzung der Bevölkerung im Zuge verschiedener Herrschafts- und Migrationsprozesse immer wieder veränderte.

… unterschiedliche Bevölkerungen, Kulturen und Religionen, darunter jüdische und muslimische, seit Langem in der Region beheimatet sind.

… es bisher noch nie ein eigenständiges palästinensisches Staatswesen gegeben hat.

 

Hinweis: Die Präsentation will keinen umfassenden Überblick über die Geschichte der Region liefern und erhebt keinen Anspruch auf historische Vollständigkeit. Vielmehr verweist sie exemplarisch auf verschiedene historische, kulturelle und politische Konstellationen und territoriale Herrschaftsverhältnisse. Ziel ist es, die TN zu sensibilisieren für gesellschaftliche Wandlungsprozesse und Veränderungen, und sie dazu anzuregen, historische Deutungen und Rechtfertigungen, mit denen von verschiedener Seite auch heute noch territoriale Ansprüche erhoben werden, kritisch zu hinterfragen.

 

Schritt 2: Zeitstrahl

Gruppenarbeit (60 Min)

Die Teilnehmenden werden in vier Arbeitsgruppen eingeteilt und jede Arbeitsgruppe bekommt eine Mappe mit Materialien ausgehändigt (siehe Material). Die Mappen, die jeweils unterschiedliche historische Phasen umfassen, enthalten jeweils die folgenden Materialien:

 

  • Texte, Bilder und Beschriftungen zu einzelnen historischen Ereignissen
  • Je eine Karte „Israelische Perspektive“ und eine Karte „Palästinensische Perspektive“
  • Zwei Positionierungskarten (grün mit Haken = Zustimmung/rot mit Kreuz = Ablehnung) bzw. bei Arbeitsgruppe 4 zwei Begriffskarten („Unabhängigkeitskrieg“ und „Nakba“).

 

Der Inhalt der Mappen muss jeweils unsortiert sein. Gemeinsam sichten, lesen und sortieren die Arbeitsgruppen ihre Materialien. Dabei sind jedem Ereignis aus den Mappen mindestens ein Bild und eine Jahreszahl zuzuordnen und die Ereignisse in die historisch richtige Reihenfolge zu bringen.

In allen Mappen findet sich jeweils ein Text, der vergleichend eine israelische und eine palästinensische Perspektive auf ein und dasselbe Ereignis darstellt. Auch dies soll visualisiert werden: Dafür wird durchgängig oberhalb der Bilder Platz für eine israelische und unterhalb der Bilder Platz für eine palästinensische Perspektive gelassen. Entsprechend der jeweiligen Haltung zu dem Ereignis wird entweder ein grüner Haken (symbolisiert Zustimmung und positive Effekte) oder ein rotes Kreuz (symbolisiert Ablehnung und negative Effekte) zugeordnet. In der zusammenfassenden Betrachtung des Zeitstrahls wird so sichtbar, dass einzelne Ereignisse unterschiedlich – und teilweise antagonistisch – gedeutet werden und dass auch Dritte für die Konfliktdynamiken eine zentrale Rolle gespielt haben.

Erst, wenn eine Arbeitsgruppe alle Bilder, Beschriftungen und Jahreszahlen korrekt zugeordnet, die Ereignisse in die richtige Reihenfolge gebracht und ihre Positionierungskarten platziert hat, werden diese an der Pinnwand, auf den Tischen oder an der Wand befestigt, wobei auf eine identische Form geachtet werden soll, um am Ende vor einem visuell ansprechenden Zeitstrahl zu stehen.

 

Hinweis: Beide Narrative, also die „israelische“ und die „palästinensische“ Erzählperspektive, stellen lediglich idealtypisch einen gesellschaftlichen Durchschnitt dar. Davon abweichend gibt es viele weitere in den beiden Gesellschaften. Darauf sollte immer wieder hingewiesen werden, um vereindeutigenden Zuschreibungen keinen Raum zu geben.

Beachten Sie zudem, dass alle in den Arbeitsgruppen 1-3 mit den Positionierungskarten zu bewertenden Ereignisse auf äußere Einflussfaktoren verweisen. Sie beschreiben Handlungen oder Entscheidungen, die auf die britische Mandatsmacht bzw. die Vereinten Nationen (UN) zurückgehen. In Arbeitsgruppe 4 geht es hingegen um die unterschiedliche Bezeichnung und Deutung des ersten israelisch-arabischen Kriegs als „Unabhängigkeitskrieg“ bzw. als „Nakba“ (arab. Unglück, Katastrophe).

Grundsätzlich sollten die Teamenden sich mit den Arbeitsmaterialien und den darin behandelten Themen schon im Vorfeld gut vertraut machen. Nicht nur müssen sie während der Gruppenarbeitsphase Fragen kompetent beantworten und gegebenenfalls schwer nachvollziehbare Sachverhalte erläutern können. Auch müssen sie bei der anschließenden Präsentation darauf achten, dass wichtige Aspekte nicht vergessen oder missverstanden werden.

 

Präsentation (60 Min)

Im Anschluss setzen sich die Teilnehmenden im Stuhlkreis zusammen. Die Teamenden Leiten die Präsentationen ein, indem sie den Inhalt des 3 Hintergrundtextes „Geschichte der Region Israel/Palästina“ kurz mündlich erläutern. Vor allem sollen hier die strukturellen Ähnlichkeiten herausgestellt werden, mit denen die jüdisch/israelische und die muslimisch/palästinensische „Seite“ Ansprüche auf das Land begründen. Dann präsentieren die Arbeitsgruppen nacheinander ihre Etappen.

 

Auswertung (30 Min)

Die Gesamtauswertung erfolgt im Rahmen einer moderierten Diskussion.

 

Fragen

  • Welche Ereignisse oder Informationen waren für euch neu?
  • Was hat euch besonders überrascht?
  • Könnt ihr die israelischen bzw. palästinensischen Perspektiven und deren Hintergründe nachvollziehen?

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz. Ein Theorie-Praxis-Handbuch zu Antisemitismuskritik und Bildungsarbeit. Berlin 2013. PDF

 

Abweichende Fassung auch in:

Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Kritische Auseinandersetzung mit Antisemitismus. 11 Aktivitäten für die schulische und außerschulische politische Jugend- und Erwachsenenbildung. Bonn 2016. PDF

 

 

Bildnachweis: complize / photocase.de

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