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Zum Umgang mit Antisemitismus

Antisemitismus – Was tun?

Die Teilnehmenden setzen sich in dieser Methode mit (un-)möglichen Reaktionen auf antisemitische Vorfälle im Alltag auseinander. Das Sammeln, Diskutieren und begründete Bewerten von Handlungsoptionen regt dazu an, eigene Haltungen zu reflektieren und kritische Handlungskompetenz zu entwickeln.

Allgemeine Informationen

Konzeptioneller Zugang

Antisemitismus kann im Alltag auf unterschiedliche Art und Weise in Erscheinung treten – als direkte verbale oder tätliche Gewalthandlung gegenüber Jüdinnen und Juden, aber auch jenseits der Anwesenheit unmittelbar Betroffener in Gesprächen oder etwa Liedtexten. Antisemitismuskritische Bildungsarbeit soll nicht nur beim Erkennen des Phänomens unterstützen, sondern auch auf der Verhaltensebene wirken. Die Methode regt daher zur Auseinandersetzung mit möglichen Reaktionen auf antisemitische Vorfälle an: Die Teilnehmenden analysieren die verschiedenen Verhaltensoptionen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Betroffene, sich selbst sowie andere Beteiligte. Ziel ist die kritische Reflexion eigenen Handelns sowie im besten Fall eine solidarische Positionierung mit Jüdinnen und Juden.

Lernziele

Die TN sind für das Vorhandensein von Antisemitismus sensibilisiert und kennen Beispiele für antisemitische Diskriminierung im Alltag. Sie sind sich verschiedener Möglichkeiten bewusst, solchen Vorfällen zu begegnen. Sie reflektieren die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf sich und andere.

Material

Material-Download, vier Tische, Flipchartpapier, Schreibstifte und Filzmarker

Zeit

80 Min

 

Gruppenarbeit

Übung (25 Min)

 

Vor Beginn der Übung werden im Raum verteilt vier Tische aufgestellt. Auf jedem dieser Tische liegen ein vorbereitetes Plakat, mehrere Filzmarker, dazu ein Fallbeispiel und der Arbeitsauftrag 1 (siehe Material).

 

Die vier Plakate sind jeweils mit der folgenden Leitfrage beschriftet:

  • „Wie könnte man in dieser Situation reagieren?“

 

Die vier Fallbeispiele wählen die Teamenden im Vorfeld aus und fixieren sie auf je einem Plakat. Für die Auswahl steht ein Sample aus insgesamt sechs Beispielen mit Situationen zur Verfügung, die einen antisemitischen Vorfall darstellen. Die Beispiele umfassen:

 

  • Mobbing in der Schule,
  • den Gebrauch von „Du Jude!“ als Schimpfwort,
  • abwertende Äußerungen von Familienmitgliedern,
  • die Zerstörung von Stolpersteinen,
  • die Vorführung eines hetzerischen Musikvideos,
  • eine Verbalattacke im Bus.

 

Arbeitsauftrag 1: Lies dir den Text mit der dargestellten Situation aufmerksam durch. Notiere auf dem Plakat, welche möglichen Reaktionsweisen dir dazu einfallen. Schreibe auch solche Handlungsmöglichkeiten auf, die du selbst als kritikwürdig einstufen würdest. Ergänze die Ideen, die andere dort bereits notiert haben.

 

Die TN verteilen sich nun möglichst gleichmäßig auf die vier Stationen und beginnen mit der Ausführung des Arbeitsauftrags. Dabei ist es den Einzelnen überlassen, mit welcher Station sie beginnen und in welcher Reihenfolge sie die Stationen besuchen. Die Teamenden sagen im Fünf-Minuten-Takt den Stationswechsel an, bis alle TN jede Station bearbeitet haben.

Im Anschluss werden alle Plakate noch einmal gemeinsam betrachtet, damit sich die TN mit allen darauf notierten Antworten vertraut machen und gegebenenfalls Verständnisfragen klären können.

 

Hinweis: Die Teamenden bewerten die von den TN genannten Handlungsoptionen nicht. Menschenverachtende Verhaltensweisen sollten als solche benannt werden; eine eingehende Beurteilung einzelner Reaktionsmöglichkeiten erfolgt jedoch erst in der anschließenden Kleingruppenarbeit.

 

Kleingruppenarbeit (20 Min)

Die TN finden sich in Kleingruppen von je 2–3 Personen zusammen. Jede Kleingruppe wählt aus den in den Stationen behandelten Fallbeispielen eines aus, das sie weiter bearbeiten möchte. Eine gleichmäßige Verteilung auf die vier Beispiele ist wünschenswert, aber nicht zwingend.

Aufgabe der Kleingruppen ist es nun, sich die am gewählten Fallbeispiel notierten Reaktionsmöglichkeiten erneut anzuschauen und zu bewerten. Aus allen dort genannten Reaktionsweisen wählen sie eine aus, die sie besonders überzeugend finden, und eine, die sie für wenig hilfreich halten. Ihre Auswahl sollen sie mit Argumenten begründen, die sie auf Papier schreiben. Den Arbeitsauftrag 2 visualisieren die Teamenden für alle gut sichtbar an Wand oder Tafel (siehe Material).

 

Arbeitsauftrag 2: Wählt zwei der auf dem Plakat notierten Reaktionsweisen aus: Welches Verhalten findet ihr besonders sinnvoll? Welches Verhalten findet ihr wenig hilfreich? Sammelt auf einem Blatt Papier Argumente, mit denen ihr eure Auswahl begründet.

 

 Neben den Arbeitsauftrag hängen die Teamenden außerdem die folgenden Hilfsfragen, an denen sich die TN bei der Bearbeitung der Aufgabe orientieren können (siehe Material).

 

Fragen

  • Welche Auswirkungen hat die gewählte Handlungsweise auf mich?
  • Welche Auswirkungen hat die gewählte Handlungsweise auf Menschen, die von Antisemitismus betroffen sind?
  • Welche Wirkung hat die gewählte Handlungsweise auf andere Beteiligte (z. B. auf diejenigen, die sich antisemitisch äußern, oder auf Umstehende)?

 

 Präsentation (20 Min)

Im Anschluss an die Gruppenarbeit finden sich alle TN in einem Stuhlkreis zusammen, wo die Kleingruppen nun nacheinander ihre Ergebnisse vorstellen.

Die Teamenden moderieren die Präsentationsphase so, dass die vier Plakate (Fallbeispiele) der Reihe nach bearbeitet werden. Mit einem der Plakate beginnend bitten sie zunächst eine der Kleingruppen, ihre Auswahl vorzustellen und die Bewertung der von ihnen gewählten Reaktionsweisen zu begründen.

Falls andere Kleingruppen sich ebenfalls mit dem entsprechenden Fallbeispiel oder mit derselben Reaktionsweise befasst haben, können sie Argumente ergänzen oder gegebenenfalls erklären, warum sie zu einer anderen Beurteilung gekommen sind. Ansonsten geht es mit der Präsentation der nächsten Gruppe weiter.

Während der Vorstellung sind Diskussionen über die vorgenommenen Bewertungen ausdrücklich erwünscht. Die Teamenden selbst halten sich mit Werturteilen weitgehend zurück. Werden jedoch auf den Plakaten oder während der Präsentationen menschenverachtende Verhaltensweisen genannt und nicht kritisch reflektiert, so stellen die Teamenden diese in der Gesamtgruppe zur Diskussion.

 

Offene Diskussion (15 Min)

In einem abschließenden moderierten Gespräch reflektieren die TN noch einmal allgemein Möglichkeiten für solidarisches Handeln, aber auch etwaige Schwierigkeiten.

Denn nicht immer reagiert man auf konkrete Vorfälle menschenfeindlichen Charakters so, wie man es eigentlich möchte oder es rückwirkend für richtig befunden hätte. Die TN können hier selbstkritisch bewerten und diskutieren, ob sie persönlich die Reaktionsweise, die sie in der Übung als die überzeugendste gewählt haben, auch in ihrem eigenen Alltag zeigen würden. Vielleicht kennen sie vergleichbare Situationen, in denen sie mit ihrem Verhalten nicht ganz zufrieden waren.

Im Gespräch sollten auch Ängste und andere Hemmnisse thematisiert werden, die einem couragierten Verhalten im Wege stehen können. Darüber hinaus geht es aber auch darum gangbare Wege aufzuzeigen, um bei diskriminierenden Vorfällen in einem solidarischen Sinne handlungsfähig zu sein.

 

Hinweis: Teamende finden hilfreiche Informationen und Tipps z. B. in den „Sechs Regeln für Zivilcourage: Die Kunst zu helfen“ der Bremer Initiative „Tu was! Zeig Zivilcourage!“ 

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz 3. Ein Methodenhandbuch zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Berlin 2019. PDF

 

 

Bildnachweis: Vladislav Babienko / unsplash.com

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