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Rollenspiel zur Flüchtlingsfrage und zu aktuellen Streitfragen im Nahostkonflikt

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Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) lädt zu einer fiktiven internationalen Konferenz ein. Am konkreten Beispiel lernen die Teilnehmenden reale Akteure, ihre Argumente und widerstreitenden Interessen, politischen Programme und Ideologien kennen. Ein Aufbaumodul für Fortgeschrittene.

Allgemeine Informationen

Konzeptioneller Zugang

Die sogenannte Flüchtlingsfrage ist einer der großen Streitpunkt im israelisch-palästinensischen Konflikt, berührt dabei zentrale Fragen nach Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit und verweist beispielhaft auf die besonderen Schwierigkeiten und Verwicklungen, die einer gerechten Friedenslösung im Wege stehen. Dass die Grenzen hinsichtlich einer möglichen Lösung nicht an der Linie „israelischer Akteur“ und „palästinensischer Akteur“ verlaufen (müssen), ist hierbei ein zentraler Aspekt. Im Sinne einer Irritation und kritischen Reflexion vereindeutigender und kollektivierender Zuschreibungen macht das Rollenspiel deutlich, dass sowohl innerhalb der israelischen als auch innerhalb der palästinensischen Gesellschaft sehr unterschiedliche Perspektiven auf den Nahostkonflikt und mögliche Lösungsansätze existieren.

Lernziele

Die TN sind am Beispiel der Flüchtlingsfrage über ein relevantes aktuelles Problemfeld des Nahostkonflikts orientiert. Sie lernen unterschiedliche Akteure aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen kennen, erfahren die Vielfalt sowohl israelischer als auch palästinensischer Positionen und Interessen und reflektieren die Schwierigkeiten einer Lösung.

Material

Material-Download

Zeit

125 Min (25 Min/100 Min)

 

Rollenspiel

Textarbeit und Visualisierung (25 Min)

Zur Einleitung ins Thema wird gemeinsam der Hintergrundtext „Streitfrage Flüchtlinge“ bearbeitet, um die TN mit wichtigen Fakten vertraut zu machen (siehe Material). Die TN haben 10 Minuten Zeit, den Text zu lesen. Anschließend werden zentrale Aussagen gemeinsam zusammengetragen und an der Tafel visualisiert.

 

Fragen

  • Was ist die UNRWA?
  • Wer gilt nach der UNRWA-Definition als Flüchtling?
  • Wie viele Palästinenser/-innen gibt es aktuell weltweit? Wie viele von ihnen gelten als Flüchtlinge? Wo leben sie?
  • Welche Vorschläge und Ideen gibt es hinsichtlich der Flüchtlingsfrage?
  • Welche Probleme oder Herausforderungen existieren?

 

Einarbeitung in die Rollen (25 Min)

Die TN werden in sechs Arbeitsgruppen eingeteilt. Jeder Gruppe wird ein Akteur zugeteilt und ihr dazu ein entsprechender Rollentext ausgehändigt (siehe Material). Die Rollentexte beinhalten eine allgemeine Beschreibung der Akteure (Hintergrund, Ideologie, politische Entwicklung) sowie Hinweise zur Position in der Flüchtlingsfrage. Die TN lesen in ihren Arbeitsgruppen die Rollentexte und überlegen gemeinsam, wie ihr Akteur zur Frage einer Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge Stellung beziehen würde. Sie sammeln Argumente, um diese Position auf der anschließenden Konferenz vertreten zu können.

 

Hinweis: Für den späteren Auswertungs- und Reflexionsprozess kann es gegebenenfalls sinnvoll sein, einzelne Akteursrollen ganz gezielt an bestimmte Arbeitsgruppen zu vergeben. Ist bereits ersichtlich oder bekannt, dass die TN einer Gruppe eher ausgeprägte proisraelische oder propalästinensische Positionen vertreten, so empfiehlt sich, dieser Gruppe eine Position ihrer Orientierung widersprechender Akteure vertreten zu lassen.

 

Konferenz (45 Min)

Für die anschließende Konferenz wählt jede Gruppe eine/-n Delegierte/-n, um sie am Konferenztisch zu repräsentieren. Die übrigen TN sitzen nicht mit am Tisch, sondern bilden die „Jury“. Vorsitz und Moderation der Konferenz übernimmt die Arbeitsgruppe der UNRWA. Die Teamenden greifen nur dann ein, wenn es zu groben Regelverstößen kommt (z.B. aggressives Verhalten).

Erklärtes Ziel der Konferenz ist es, einen gemeinsamen Lösungsvorschlag für eine Nachfolgekonferenz oder für zukünftige Friedensgespräche zu erarbeiten.

 

In einer ersten Runde stellen die Delegierten nacheinander sich und ihre Positionen vor, tauschen Argumente aus und suchen nach möglichen Gemeinsamkeiten oder Unterschieden.

Nach 20 Minuten unterbricht die Moderation (UNRWA) die Konferenz, damit sich die Delegierten mit ihren Teams beraten können.

Nachdem die moderierende UNRWA die Delegierten zurück an den Konferenztisch gerufen hat, folgt eine zweite Runde. Sie dient der Fortsetzung der Diskussion und der Suche nach konkreten Lösungsvorschlägen. Nach 10 Minuten beendet die UNRWA die Konferenz und übergibt das Wort wieder an die Teamenden.

Die nicht mit am Tisch sitzenden TN, die die Jury bilden, sollen nun jeweils für sich allein entscheiden, welchen Lösungsvorschlag sie bevorzugen würden. Ihre Entscheidung schreiben sie auf ein Blatt Papier (ohne dass es die anderen sehen). Danach stellen die TN ihre Ergebnisse, die sie kurz begründen, der Gesamtgruppe vor (ggf. auf freiwilliger Basis).

 

Auswertung (30 Min)

Im Anschluss an die Konferenz setzen sich alle TN wieder im Stuhlkreis zusammen. Das Rollenspiel wird nun in drei Fragerunden reflektiert und ausgewertet. Die erste Fragerunde richtet sich an die aktiv beteiligten Delegierten.

 

Fragen

  • Wie habt ihr Euch in euren Rollen gefühlt? Ist es euch leicht oder schwergefallen, euch in die Rolle eures Akteurs zu versetzen?
  • Warum konntet ihr keine gemeinsame Lösung finden? Wenn ihr doch eine gemein same Lösung gefunden habt, unter welchen Umständen?

 

Die zweite Fragerunde richtet sich an die Jury-Mitglieder, also an die TN, die nicht selbst am Konferenztisch saßen.

 

Fragen

  • Was war das zentrale Problem der Konferenz?
  • Warum war es schwierig, einen gemeinsamen Lösungsvorschlag zu finden?
  • Welcher der bei der Konferenz vorgetragenen Lösungsvorschläge hat euch am ehesten überzeugt? Warum?
  • Gab es Positionen oder Haltungen, die sich im Laufe der Konferenz gefestigt oder verändert haben? Warum?

 

Die dritte Fragerunde richtet sich an die Gesamtgruppe, also an alle TN.

 

Fragen

  • Welche Streitpunkte gab es bei der Konferenz? Mit welchen Argumenten wurden die einzelnen Positionen begründet?
  • Welche der Akteure könnten vielleicht zu einer gemeinsamen Lösung finden?
  • Welche Positionen waren miteinander gar nicht zu vereinen?
  • Wie könnte eine Lösung der Flüchtlingsfrage in der Realität aussehen?

 

Hinweis: In der Auswertungsdiskussion sollte nicht der Eindruck entstehen, auf die TN manipulativ bzw. durch moralisierende Belehrungen einwirken zu wollen. Zweck der Übung ist es, die TN mittels einer multiperspektivischen Betrachtungsweise mit der Vielfalt unterschiedlicher, oft unvereinbarer Standpunkte und Interessen aller am Konflikt Beteiligten vertraut zu machen, bei den TN entsprechende Reflexionsprozesse zu initiieren und sie zu einer sachlichen, d.h. argumentativ begründbaren Auseinandersetzung mit den komplexen Problemstellungen im Nahostkonflikt zu befähigen. Die Teamenden sollten deshalb von moralischen Beurteilungen der Rollenakteure absehen und insbesondere die Beiträge von TN nicht als „richtig“ oder „falsch“, als gerechtfertigt oder ungerechtfertigt beurteilen, sofern es sich nicht um persönlich verletzende oder menschenverachtende Äußerungen handelt.

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz. Ein Theorie-Praxis-Handbuch zu Antisemitismuskritik und Bildungsarbeit. Berlin 2013. PDF

 

Auch in:

Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Kritische Auseinandersetzung mit Antisemitismus. 11 Aktivitäten für die schulische und außerschulische politische Jugend- und Erwachsenenbildung. Bonn 2016. PDF

 

 

Bildnachweis: fult / photocase.de

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