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Gutes Kapital – Schlechtes Kapital

Antisemitische Wirtschaftskritik

Eine vorgebliche Kritik am Kapitalismus, die auf falscher Personalisierung und der Leugnung komplexer ökonomischer Zusammenhänge beruht, gehört zum Kern des modernen Antisemitismus. Durch eine Textarbeit sowie eine gemeinsame Bildanalyse erfahren die Teilnehmenden, wie wirtschaftliche Prozesse und Missstände antisemitisch umgedeutet werden, und erkennen die einseitige Dämonisierung der Finanzsphäre als Bestandteil eines antisemitischen Weltbilds. Eine gemeinsame Diskussion von nicht antisemitischer Kritik am Kapitalismus öffnet den Raum für den Austausch über eigene Positionen.

Allgemeine Informationen

Konzeptioneller Zugang

In der antisemitischen Fantasie verkörpern ‚die Juden‘ das Geld, die Börse, das Finanzkapital, also jene Vermittlungsinstanzen des Kapitalismus die nur abstrakt zu fassen, aber überall wirksam sind. Am historischen Beispiel der Gründerkrise, die von etlichen Zeitgenossen/innen mit dem angeblich spekulativen und schädigenden Verhalten von Jüdinnen und Juden erklärt wurde, vollziehen die TN die Grundmechanismen einer Denkweise nach, die abstrakte ökonomische Prozesse durch falsche persönliche Schuldzuschreibungen deutet. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit einer NS-Karikatur erkennen sie, dass die Personalisierung ökonomischer Prozesse und die einseitige Dämonisierung der Finanzsphäre Grundelemente einer antisemitischen Wirtschaftskritik sind. Um den Trugschluss zu vermeiden, dass jede Kritik an der kapitalistischen Wirtschaft antisemitisch konnotiert sei, diskutieren die TN abschließend verschiedene, nicht antisemitische Kritiken an unserem Wirtschaftssystem.

Lernziele

Die TN können am Beispiel der Gründerkrise das Entstehen und Platzen von Spekulationsblasen sowie deren gesellschaftliche Folgen erläutern. Sie erfassen das antisemitische Potential von Denkfiguren, die zwischen „guter“ Produktion und „ausbeuterischem“ Finanzkapital unterscheiden, und kennen konkrete Beispiele für antisemitische Deutungsmuster. Sie sind in der Lage zu reflektieren, dass nicht jede Kritik an der kapitalistischen Wirtschaftsweise antisemitisch ist und können differenziert argumentieren.

Empfehlung

Zur Vorbereitung empfehlen wir mit den Methoden Die verbrannte Leiche von Ocarina Island und Fabriken, Banken, Börsen – Wie unsere Wirtschaft funktioniert zu arbeiten.

Material

Material-Download, Beamer/Smartboard, Krepp-Klebeband

Zeit

80 Min (30 Min/ 20 Min/ 30 Min)

 

Schritt 1: Textarbeit

Einführung (5 Min)

Einführend umreißen die Teamenden, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise bestimmten Funktionsmechanismen folgt, denen alle Beteiligten unterliegen. So ist unser aller ökonomisches Verhalten geprägt von Prinzipien wie dem der Konkurrenz. Deshalb können wirtschaftliche Prozesse nicht einfach primär über Charaktereigenschaften von „schlechten“ Menschen erklärt werden, sondern sie müssen vor dem Hintergrund verschiedener Handlungsbedingungen und Interessenlagen verstanden werden.

In unserem Wirtschaftssystem bestehen zwischen Produktions- und Finanzsphäre vielfältige Beziehungen, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Daher stellt eine Trennung und Gegenüberstellung der beiden Bereiche keine adäquate Beschreibung der Wirklichkeit dar. In beiden Sphären handeln Akteur*innen unter den Bedingungen der Konkurrenz. Sowohl Unternehmer* innen als auch Banken sind an Gewinnen orientiert, um ihr Überleben langfristig zu sichern. Die wertende Unterscheidung zwischen einer „guten“ Produktion und einer „schädlichen“ Finanzsphäre ist deshalb unsinnig.

Im Antisemitismus spielt die einseitige Dämonisierung der Finanzsphäre und ihre Personifizierung in der Figur ‚des Juden‘ (bzw. ihre Charakterisierung als ‚jüdisch‘) eine große Rolle. Die nun folgende Textarbeit zeigt anhand eines historischen Fallbeispiels auf, wie sich ein derart verkürztes Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge in einer antisemitischen Denkfigur niederschlagen kann.

Hinweis: Die Einleitung gibt zentrale Inhalte und Ergebnisse der zur Grundlegung empfohlenen Methoden „Die verbrannte Leiche von Ocarina Island“ und „Fabriken, Banken, Börsen – Wie unsere Wirtschaft funktioniert“ wieder. Wenn diese Methoden im Vorfeld durchgeführt wurden, sollten die Teamenden in ihrer Einführung einen roten Faden deutlich herausstellen. Dabei helfen konkrete Rückbezüge, etwa auf die Funktionsweise von Banken und Börsen oder die Aktienkursbildung. Außerdem kann auf Fehldeutungen eingegangen werden, die ökonomische Entscheidungen als Ausdruck der Charaktereigenschaften Einzelner interpretieren, ohne die aus den kapitalistischen Funktionsmechanismen resultierenden Zwänge zu berücksichtigen.

 

Textarbeit (25 Min)

Die Teamenden teilen an alle TN den Text „Die Gründerkrise“ aus (siehe Material). Anschließend bitten sie Freiwillige, den Text abschnittsweise vorzulesen. Nach der gemeinsamen Lektüre des Textes erhalten die TN zunächst Gelegenheit Verständnisfragen zu stellen. Danach erfolgt eine ausführliche Auswertung anhand von Leitfragen.

In einer ersten Gesprächsrunde fassen die TN die im Text geschilderten Ereignisse und die damaligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammen: Die rasante Industrialisierung Deutschlands infolge der Reichsgründung, die durch Entschädigungszahlungen aus Frankreich zusätzlich befördert wurde, hatte einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung hervorgebracht. Es entstand ein Überangebot an Waren, dem keine ausreichende Nachfrage gegenüberstand. Breite Teile der Bevölkerung verfielen einem Spekulationsfieber, das zu einer maßlosen Überbewertung der Aktienkurse führte. Fallende Kurse waren daher nur eine Frage der Zeit. Die Industrialisierung hatte zu einer Veränderung der bisherigen Gesellschaftsordnung geführt (z. B. Auflösung der Zünfte). Armut und Landflucht waren einige der negativen Konsequenzen.

 

Fragen

  • Wie ist es zum Gründerboom gekommen?
  • Was hat die Krise ausgelöst?
  • Welche Auswirkungen hatte die Industrialisierung auf die Gesellschaft?

 

Die zweite Gesprächsrunde widmet sich dem verkürzten Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge und der Sündenbockfunktion von Jüd*innen: Die Börse erschien den erfolglos Spekulierenden, aber auch vielen anderen Menschen als ursächlich für die Krise der Realwirtschaft und damit auch für ihre eigene missliche Lage. Aus Unverständnis gegenüber den Mechanismen der Börse begannen viele nach konkreten Schuldigen zu suchen. Das fehlende Verständnis der ökonomischen Prozesse im Allgemeinen und der Börse im Besonderen beförderte eine personalisierende Sichtweise. Aus der Sicht der christlichen Mehrheit bot es sich an, eine (religiöse) Minderheit wie die Jüd*innen verantwortlich zu machen, weil dies für sie selbst als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft zugleich eine entlastende Funktion hatte.

 

Fragen

  • Welches Bild von der Börse hatten diejenigen, die sich betrogen fühlten?
  • Warum wurden Jüd*innen bzw. Menschen, die als ‚jüdisch‘ bezeichnet wurden, für die Krise verantwortlich gemacht?

 

Zusammenfassend legen die Teamenden noch einmal dar, dass am historischen Beispiel der Gründerkrise aufgezeigt werden kann, wie bestimmte Denkfiguren (Personalisierung, einseitige Attacken auf die Finanzsphäre) zu einem antisemitischen Weltbild beitragen können.

 

Hinweis: Bei der Auswertung des Textes „Die Gründerkrise“ ist es wichtig, die sachlich und historisch falsche Verknüpfung von ‚den Juden‘ mit dem Geld- und Kreditwesen sorgfältig herauszuarbeiten. Die Teamenden sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie es hier zunächst mit einem Vorurteil zu tun haben, das allzu oft leichtfertig „historisch begründet“ wird und dadurch auch plausibel erscheint. Eine kritische Betrachtung dieser stereotypen gedanklichen Verbindung bietet der Beitrag „Geldjuden“ von Wolfgang Geiger in der Publikation „Widerspruchstoleranz 3“, der den Teamenden zur Vorbereitung empfohlen wird.

 

Schritt 2: Bildanalyse

Bildanalyse (20 Min)

Die TN sitzen mit freier Sicht auf (Lein-)Wand oder Smartboard, worauf ein Bild projiziert werden kann. Die anschließende Bildanalyse nehmen alle gemeinsam in einem moderierten Gespräch vor.

Zunächst jedoch kündigen die Teamenden einleitend die bevorstehende Arbeit mit einer antisemitischen Bilddarstellung an. Sie erklären, dass die Illustration einem Unterrichtsmaterial aus der NS-Zeit entnommen und als Propaganda zu betrachten ist. Weil das Bild mit entwürdigenden rassistischen Darstellungen arbeitet, ist das Gesicht einer Figur unkenntlich gemacht worden.

Erst danach werfen die Teamenden das Bild (siehe Material) an die Wand. Die ausführliche Analyse folgt einem Dreischritt aus Beschreibung, Deutung und Einordnung des Dargestellten anhand von Leitfragen.

Im ersten Schritt (Beschreibung) geben die TN erst einmal die einzelnen Bildelemente wieder. Dabei beschränken sie sich auf eine möglichst sachliche Schilderung und nehmen noch keine weitere Interpretation vor. Sie erkennen drei Figuren mit unterschiedlichen Gegenständen und Hintergrundlandschaften. Die beiden links und rechts stehenden Figuren sind von kräftiger Statur und können durch Kleidung, Werkzeuge und Hintergrund als Bauer (mit Sense) und Fabrikarbeiter (mit Schürze und Hammer) identifiziert werden. Die vornehm gekleidete Figur in der Mitte ist klein und dicklich, hält mit einer Hand eine Aktie in die Höhe und stützt sich mit der anderen auf einen Geldsack. Mit ihr wird ein reicher Kapitaleigner karikiert, der sein Geld gewinnbringend an der Börse einsetzt. Die Bildunterschrift „Der Deutsche schafft, der Jude rafft“ kennzeichnet Arbeiter und Bauer als „Deutsche“ und den Finanzkapitalisten als „Juden“.

 

Fragen

  • Was ist auf dem Bild zu sehen?
  • Welche Figuren, Gegenstände und Hintergründe sind hier abgebildet und in welchem Verhältnis stehen diese Bildelemente zueinander (z. B. Stellung, Proportionen)?
  • Wie sind die beiden am Rande stehenden Figuren dargestellt und wie die mittlere? Wodurch unterscheiden sie sich (z. B. Körperstatur und Kleidung)?
  • Welche Kennzeichnung nimmt die unter dem Bild stehende Beschriftung vor?

 

Im zweiten Schritt (Deutung) erörtern und interpretieren die TN die Symbolik des Bildes. Sie stellen fest, dass Bauer und Arbeiter mit aufgekrempelten Ärmeln fest verwurzelt und einander zugewandt stehen und kräftig, stolz und stattlich erscheinen. Demgegenüber ist der dick und schwächlich gezeichnete Finanzkapitalist in keine Arbeitswelt fest eingefügt, sondern findet eine Verbindung scheinbar allein zu Geld und Aktie. Somit wird ein (falscher) Gegensatz konstruiert (und mit rassistischen und nationalistischen Merkmalen aufgeladen): Bauer und Arbeiter als „die Deutschen“ symbolisieren die konkrete Arbeit bzw. die Produktion. Das Kapital wird auf das Finanzkapital reduziert und im ‚Juden‘ personifiziert.

 

Fragen

  • Welche Bedeutung haben die einzelnen Elemente und wodurch werden die dargestellten Figuren charakterisiert?
  • Wofür könnten die verschiedenen Figuren stehen, was sollen sie repräsentieren?
  • Welcher Gegensatz wird durch die nachstehende Beschriftung unterstellt?

 

Im dritten Schritt (Einordnung) erfassen die TN die tiefergehende Aussage der Bilddarstellung und stellen sie in den übergeordneten Zusammenhang der zuvor erarbeiteten Problemstellung. Sie arbeiten heraus, dass die als stark, gesund und fleißig dargestellten „Deutschen“ die konkrete Arbeit, die Produktion, verkörpern, die zum Wohle der Gemeinschaft „schafft“. Hingegen wird dem als bequem und schwächlich gezeichneten „Juden“ unterstellt, nur an Profit orientiert zu sein, wobei der Terminus „raffen“ auf angeblich betrügerische und egoistische Methoden verweist. Der reale Interessengegensatz zwischen Unternehmer*innen und Arbeitnehmer*innen (z. B. in Bezug auf die Lohnkosten) wird somit rassistisch überdeckt. Nicht-jüdische Kapitalist*innen tauchen ebenso wenig auf wie jüdische Arbeiter*innen.

 

Fragen

  • Was soll diese Abbildung ausdrücken?
  • Wie wird das Verhältnis zwischen Produktions- und Finanzsphäre dargestellt?
  • Wie werden „die Deutschen“ dargestellt und welches Verständnis von Arbeit und Produktionssphäre wird darin deutlich?
  • Was wird ‚dem Juden‘ unterstellt und was sagt dies über die Sicht auf die Finanzsphäre aus?
  • In welchem Abschnitt des Bildes würde der Zeichner z. B. einen nicht-jüdischen („arischen“) Kapitalisten einordnen? Wo eine jüdische Arbeiterin?
  • Inwiefern werden hier ökonomische Zusammenhänge auf angebliche Charaktereigenschaften Einzelner reduziert?

 

Hinweis: Die pädagogische Arbeit mit antisemitischen Vorurteilen und Bilddarstellungen birgt stets die Gefahr, bereits bestehende Stereotype und Klischees zu reproduzieren und zu verfestigen, sie schlimmstenfalls überhaupt erst bekannt zu machen und dadurch ungewollt zu ihrer Verbreitung beizutragen. In jedem Fall kommt einer gründlichen und differenzierten Dekonstruktion stereotyper und stigmatisierender Bilder deshalb besondere Bedeutung zu. Die Teamenden sollten sich dieses Umstandes bewusst sein und ihn in ihrem praktischen Tun berücksichtigen.

Die hier zu analysierende Illustration „Der Deutsche schafft, der Jude rafft“ ist einem Unterrichtsmaterial aus der NS-Zeit entnommen (Alfred Vogel: Erblehre, Abstammungs- und Rassenkunde in bildlicher Darstellung. 2. Aufl. Stuttgart 1939). Die bildliche Darstellung der Figur ‚des Juden‘ weist zahlreiche, für antisemitische Bildwelten typische Merkmale auf. Insbesondere die Physiognomie der Figur ist durch rassistische Attribute gekennzeichnet, wie sie etwa aus den propagandistischen Darstellungen der NS-Zeitschrift „Der Stürmer“ bekannt sind. Weil die rassenantisemitische Komponente für die Bildanalyse an dieser Stelle nicht tragend ist, wurde die Gesichtspartie in der zu verwendenden Vorlage unkenntlich gemacht.

Haben Sie im Vorfeld dieser Übung bereits mit der zur Grundlegung empfohlenen Methode „Fabriken, Banken, Börsen – Wie unsere Wirtschaft funktioniert“ gearbeitet, so können Sie im Anschluss an die Bildanalyse noch einmal auf die dort analysierte Abbildung mit den Heuschrecken (siehe Material) zurückkommen. Im Vergleich der beiden Darstellungen lassen sich gewisse strukturelle Ähnlichkeiten, aber auch erhebliche Unterschiede herausarbeiten: Beide gehen davon aus, dass es eine an dem Profit orientierte Finanzsphäre und eine an den Menschen orientierte Produktion gibt. Beide unterstellen, dass die Finanzsphäre der Produktion als parasitär, ausbeuterisch und bedrohlich gegenübersteht. Auch das Heuschreckenbild stellt zwar die Finanzsphäre und ihre Akteur*innen als Schädlinge dar – was als höchst problematisch zu kritisieren ist. Anders als die NS-Darstellung personifiziert es die behauptete Bedrohung jedoch nicht in der Figur ‚des Juden‘. Beachten Sie, dass ein Vergleich der beiden Bilder nicht darauf hinauslaufen sollte, sie als Ganzes gleichzusetzten, sondern strukturelle Gemeinsamkeiten der ihnen zugrunde liegenden Denkmuster herauszuarbeiten. Ziel wäre es, das spezifische Wesen des Antisemitismus besser verstehen und klarer abgrenzen zu können. Es ist es nicht haltbar, Jüd*innen generell mit der Finanzsphäre in Verbindung zu bringen.

 

Schritt 3: Aussagen-Barometer

Übung (30 Min)

Die TN sitzen im Stuhlkreis und werden in Kleingruppen von jeweils zwei bis vier Personen eingeteilt (je nach Größe der Gesamtgruppe). Jede dieser Gruppen erhält eine vorbereitete Aussagekarte (siehe Material) zugewiesen, deren Inhalt sie kurz gemeinsam diskutieren und zu der sie sich dann positionieren soll.

Die Teamenden bereiten unterdessen eine Barometerskala in Form einer langen Linie vor. Diese kleben sie entweder mit Krepp-Klebeband in die Mitte des Stuhlkreises auf den Boden oder ziehen sie mit Kreide quer über die gesamte Breite der aufgeklappten Tafel. Beide Enden der Skala kennzeichnen die Teamenden mit einer Positionskarte für Zustimmung („Stimme zu“) und Ablehnung („Stimme nicht zu“).

Aufgabe der TN ist es nun, nacheinander ihre Aussagen auf dem Barometer einzuordnen, je nachdem, zu welchem Ergebnis ihre Kleingruppe gekommen ist.

Das Maß der Zustimmung oder Ablehnung können sie durch die Position ihrer Aussage auf der Skala bestimmen. Ihre Entscheidung sollen die TN kurz begründen und auch eventuelle Meinungsunterschiede innerhalb der Gruppe zu Sprache bringen. Nach jeder Positionierung und Begründung erhalten die übrigen TN Gelegenheit zu Nachfragen und Diskussionsbeiträgen.

 

Aussagen

  • „Der Kapitalismus bietet uns jede Menge Vorteile. Es kann nicht allen Menschen gleich gut gehen.“
  • „Viele große Firmen nutzen Tricks, damit sie weniger Steuern zahlen müssen. Sie bereichern sich damit auf Kosten der Allgemeinheit.“
  • „Die 42 reichsten Menschen der Welt besitzen gleich viel wie die 3,7 Milliarden Ärmsten. So eine Ungerechtigkeit sollte es nicht geben.“
  • „Lebensmittel müssen möglichst billig sein, damit auch arme Menschen sie sich leisten können. Wie sie produziert werden ist zweitrangig.“
  • „Wir Konsument*innen haben eh keinen Einfluss darauf, wie unsere Kleidung hergestellt wird.“
  • „Wenn man sich genug anstrengt, dann kann man auch erfolgreich sein.“
  • „Menschen sind im Kapitalismus egal. Für unser Wirtschaftssystem zählen nur Profite.“
  • „Wir zerstören systematisch unsere Umwelt. Wenn die Menschheit eine Zukunft haben will, dann muss sich unser Wirtschaftssystem radikal ändern.“

 

Ob und welche Diskussionsansätze im Verlauf der Übung vertiefend behandelt werden, liegt im Ermessen der Teamenden und sollte sich am Bedarf der TN orientieren.

Abschließend führen die Teamenden zusammen, dass man aus guten Gründen, aus verschiedensten Perspektiven und mit unterschiedlichsten Argumenten Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem und vielen seiner Auswüchse üben kann. Unter Rückbezug auf die zuvor erarbeiteten Erkenntnisse stellen sie hierbei klar, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, hierbei nicht auf antisemitische Denkfiguren zurückzugreifen.

 

Hinweis: Arbeiten Sie mit kleineren Gruppen, so reduzieren Sie einfach die Anzahl der Aussagen oder lassen Sie diese individuell (statt in Kleingruppen) bearbeiten. Seien Sie gegenüber den Begründungen der TN aufgeschlossen. Respektieren Sie die Eigenpositionierung der TN auf der Barometerskala und vermeiden Sie es, in deren Entscheidungen aktiv einzugreifen.

Begegnen Sie eventuell problematischen Äußerungen und Positionierungen, indem Sie den Raum für Diskussionen öffnen und die Gesamtgruppe miteinbeziehen. Verweise auf das bereits Gelernte können hierbei nützlich sein. Lenken Sie den Blick auf kontroverse Sichtweisen und mögliche Ambivalenzen, ohne die eigene Haltung zu verleugnen. Grenzüberschreitende Kommentare, die andere abwerten, diskriminieren oder die Gleichwertigkeit aller Menschen infrage stellen, sind jedoch zu unterbinden.

 

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz 3. Ein Methodenhandbuch zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Berlin 2019. PDF

 

 

Bildnachweis: Jen Theodore / unsplash.com

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