Gescheiterter Friede von Oslo
Der Friedensprozess – Eine enttäuschte Hoffnung
Allgemeine Informationen
Konzeptioneller Zugang
Die vorliegende Methode stellt den Versuch dar, in der pädagogischen Behandlung des Nahostkonflikts einmal den Fokus von einer scheinbar unlösbaren Streit- und Konfliktgeschichte auf mögliche Lösungsoptionen zu verschieben. Dabei geht es einerseits darum, manichäische Konfliktdeutungen, dualistische Sichtweisen, kollektivierende Zuschreibungen und einseitige Schuldzuweisungen zu irritieren und kritisch zu hinterfragen. Andererseits geraten darüber hinaus Faktoren wie Antisemitismus, Nationalismus, religiöser Fundamentalismus und Rassismus in den Blick, um für derartige Formen vorurteilsbehafteten Denkens zu sensibilisieren.
Lernziele
Die TN wissen, dass es trotz einer langen Konfliktgeschichte auch eine Zeit der Annäherung gab und können diese historisch einordnen. Sie kennen unterschiedliche israelische und palästinensische Akteure und deren Interessen sowie Positionen im Friedensprozess. Sie wissen, welche Einstellungen und Verhaltensweisen einer Konfliktlösung im Wege standen und stehen.
Material
Material-Downlaod, Beamer/Smartboard, Internetverbindung, Lautsprecher, Flipchartpapier, Filzmarker, Scheren, Klebestifte
Zeit
130 Min (25 Min/75 Min/30 Min)
Schritt 1: Video-Analyse und Kurzvortrag
Film-Clip (15 Min)
Die TN sehen gemeinsam einen Ausschnitt aus den ARD-Tagesthemen vom 10. Dezember 1994 über die Verleihung des Friedensnobelpreises an Shimon Peres, Jassir Arafat und Jitzchak Rabin (siehe Material). Die drei Politiker wurden für ihre Bemühungen im sogenannten Oslo-Friedensprozess ausgezeichnet. Der Videobeitrag zeigt Ausschnitte aus den Reden anlässlich der Preisverleihung und thematisiert auch Reaktionen der Gegner/-innen. Anschließend wird das Video gemeinsam anhand der folgenden Leitfragen ausgewertet.
Fragen
- Worum ging es in dem Videoausschnitt?
- Welche Personen wurden genannt und wofür haben sie den Preis erhalten?
- Was hat euch überrascht?
Kurzvortrag (10 Min)
Anschließend führen die Teamenden mit einem kurzen digitalen Vortrag in die Geschichte des Friedensprozesses ein (siehe Material). Anhand von drei Folien werden die Verhandlungen von Madrid (1991), die Verhandlungen von Oslo (1993) sowie die Unterzeichnung der Oslo-Verträge in Washington (1993) thematisiert. Die TN erhalten relevante Hintergrundinformationen zum Friedensprozess, insbesondere hinsichtlich der Verhandlungsziele und ausgehandelten Kompromisse.
Hinweis: Die Präsentation ist in zwei Teile untergliedert. Beide Teile zusammen erzeugen einen kurzen Zeitstrahl, der sowohl den Beginn als auch das Scheitern der Friedensverhandlungen beleuchtet. Der erste Teil wird in diesem Schritt präsentiert und endet mit dem Handschlag zwischen Jassir Arafat und Jitzchak Rabin in Washington. Die Präsentation wird an dieser Stelle angehalten und erst in Schritt 3 fortgesetzt.
Schritt 2: Gruppenarbeit
Übung (40 Min)
Die TN werden in vier Arbeitsgruppen eingeteilt und versammeln sich um vier im Raum verteilte Arbeitstische. Jede Arbeitsgruppe erhält eine Mappe mit Hintergrundtexten (inkl. Arbeitsaufträgen), Adjektiv-Karten und Bildern (siehe Material). Dazu bekommen sie Bastelmaterialien wie Filzmarker, Flipchartpapier, Scheren und Klebestifte.
Die Arbeitsgruppen beschäftigen sich im Folgenden mit verschiedenen Akteuren (Organisationen bzw. Parteien), die während der Friedensverhandlungen agierten und diese beeinflussten: Auf der Seite der Verhandlungspartner/-innen sind das die israelische Arbeitspartei Awoda mit dem Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin und die palästinensische Fatah, die größte Fraktion innerhalb der PLO (Palestine Liberation Organisation), mit ihrem Vorsitzenden Jassir Arafat.
Auf der Seite der Gegner/-innen der Verhandlungen stehen die islamistische Hamas, die auch heute noch für die Vernichtung Israels eintritt, und die rechtsextreme Partei Kach, die aufgrund ihrer Positionen schließlich von der israelischen Regierung verboten wurde.
Die TN lesen die Hintergrundtexte zu ihren jeweiligen Akteuren und versuchen Antworten auf die Leitfragen zu finden. Ihre Ergebnisse sollen sie dann in Form eines selbsterstellten Plakates präsentieren.
Fragen
- Wer ist der Akteur in eurem Text (Name, Geschichte, Hintergründe)?
- Wie stand dieser Akteur zu den Friedensverhandlungen?
- Bitte sucht von den beiliegenden Adjektiven drei aus, die eurer Meinung nach das Verhalten des Akteurs während des Friedensprozesses am besten beschreiben.
Präsentation (25 Min)
Nach Abschluss der Textarbeit setzen sich die TN wieder im Stuhlkreis zusammen. Nacheinander stellen alle Arbeitsgruppen ihre Plakate vor und begründen ihre Auswahl der Adjektive. Die Teamenden unterstützen die präsentierende Gruppe und ergänzen bei Bedarf.
Zusammenführung (10 min)
Abschließend visualisieren die Teamenden mithilfe von laminierten Karten an der Tafel oder einer Pinnwand die zentrale Formel „Land für Frieden“ sowie die auf beiden Seiten zentralen Verhandlungsprämissen (siehe Material): Israel war bereit, „Land“ zu geben und die palästinensische Forderung nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu erfüllen. Im Gegenzug garantierte die palästinensische Führung „Frieden“ und Sicherheit für die israelische Bevölkerung und erkannte Israels Existenzrecht an.
Anhand von Karten mit den Begriffen „Antisemitismus“, „Terror“, „Gewalt“, „Rassismus“ und „Fundamentalismus“, die in das Schaubild integriert werden, verdeutlichen die Teamenden, welche Denkweisen und Handlungen einem Friedensprozess und der Findung von Kompromissen, die dafür notwendig sind, entgegenstehen. So stand beispielsweise das Festhalten an Gewalt und Terror von einigen palästinensischen Gruppierungen dem israelischen Bedürfnis nach Sicherheit diametral gegenüber – beides war unvereinbar.
Schritt 3: Kurzvortrag, Video-Analyse und Diskussion
Kurzvortrag und Film-Clip (30 min)
In einem kurzen Vortrag über die weiteren Ereignisse nach der Unterzeichnung der Oslo-Verträge (1993) setzen die Teamenden die digitale Präsentation aus Schritt 1 fort (siehe Material). Zunächst geht es darin um die gesellschaftlich angespannte Lage zur Zeit der Friedensverhandlungen.
Danach werden mit dem Anschlag von Baruch Goldstein (Hebron 1994), den zahllosen (Selbstmord-) Anschlägen durch islamistische Gruppen sowie der Ermordung von Jitzchak Rabin (1994) verschiedene gewaltsame und terroristische Aktionen von Gegnern/-innen des Friedensprozesses beleuchtet. Nach der Folie „November 1994: Ein Mord erschüttert die Welt“ wird ein weiterer Video-Ausschnitt abgespielt. Die Präsentation wird nach dessen mündlicher Auswertung weitergeführt.
Die TN sehen nun die ersten 7:19 Minuten eines Beitrags aus der ARD-Tagesschau vom 5. November 1995, der die Ermordung von Jitzchak Rabin am 4. November 1995 in Tel-Aviv thematisiert (siehe Material). Dabei wird sowohl auf die Reaktionen in Israel als auch in der arabischen Welt eingegangen. Im Anschluss erörtern die Teamenden gemeinsam mit den TN die Geschehnisse.
Fragen
- Welche Reaktionen auf die Ermordung werden geschildert?
- Wie sind diese zu beurteilen?
- Was hat euch überrascht?
- Kann man unter diesen Bedingungen Friedensverhandlungen führen?
Abschließend führen die Teamenden anhand der letzten Präsentationsfolien aus, wie der Friedensprozess in den Jahren nach dem Attentat auf Jitzchak Rabin ein Ende fand.
Hinweis: Die Präsentation stellt nur einige Schlaglichter zum Verlauf und dem Ende der Friedensverhandlungen in den 1990er-Jahren dar. Der Fokus liegt dabei auf Anschlägen, die maßgeblich zum Scheitern des Friedensprozesses beigetragen haben. Die Teamenden sollten jedoch darauf hinweisen, dass neben der Gewalt auch andere Faktoren für das Scheitern des Friedensprozesses mitverantwortlich waren. Eine dezidiertere Analyse dieser Faktoren anhand von israelischen und palästinensischen Narrativen gibt z.B. das israelisch-palästinensische Schulbuchprojekt: Peace Research Institute in the Middle East (PRIME) (Hg.): Die Geschichte des Anderen kennen lernen. Israel und Palästina im 20. Jahrhundert. Frankfurt/New York 2015.
Quelle
KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz 2. Ein Methodenhandbuch zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Berlin 2017. PDF
Bildnachweis: Daniel Talfjord / unsplash.com