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Judenfeindschaft auf Umwegen

Antisemitismus wegen Auschwitz?

In dieser Einführung in das Phänomen des sekundären Antisemitismus analysieren die Teilnehmenden Varianten der Schuld- und Erinnerungsabwehr, der Entlastung durch Relativierung sowie der Täter-Opfer-Umkehr. Abwehraggression und Schuldumkehr werden als zentrale Strukturmerkmale dieser spezifischen Spielart des Antisemitismus kenntlich gemacht.

Allgemeine Informationen

Konzeptioneller Zugang

Eine besondere Herausforderung bei der pädagogischen Behandlung des sekundären Antisemitismus besteht darin, nicht nur den projektiven Gehalt des Ressentiments zu erfassen. Anspruchsvoll ist auch, dass sich diese Form der Judenfeindschaft nach 1945 für gewöhnlich nur indirekt und auf Umwegen äußert, was ein Um-die-Ecke-Denken erfordert, um die versteckten Inhalte und Botschaften entschlüsseln zu können. Das Kennen und Verstehen von Merkmalen, Mechanismen und Funktionen sekundär antisemitischer Verweigerungs- und Abwehrhaltungen sensibilisiert für Problemlagen und Gefahren, ermöglicht eine kritische Selbstüberprüfung und fördert das Verantwortungsbewusstsein.

Lernziele

Die TN wissen, dass diffuse Schuld- und Schamgefühle einer differenzierten Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen im Wege stehen können. Sie erkennen Erinnerungsverweigerung, Relativierung der NS-Verbrechen und Täter-Opfer-Umkehr als zentrale Motive einer Abwehraggression. Sie kennen Phänomene des sekundären Antisemitismus und können diese am konkreten Beispiel identifizieren.

Material

Material-Download, Flipchartpapier, Filzmarker

Zeit

60 Min

 

Gruppenarbeit

Übung (45 Min)

Die TN werden in vier Arbeitsgruppen aufgeteilt. Jede Gruppe erhält eine der nachstehenden Aussagen (siehe Material) sowie ein Flipchartpapier und Filzmarker. Für alle gilt der gleiche Arbeitsauftrag bzw. Fragenkatalog, den die Teamenden entweder direkt an die Gruppen ausgeben oder für alle gut sichtbar an Pinnwand oder Tafel hängen (siehe Material).

 

Aussagen

  • „Man muss den Holocaust nicht immer als etwas Besonderes darstellen. Auch die Deutschen haben gelitten, und es gab auch andere Massenmorde.“
  • „Was die Juden heute mit den Palästinensern machen, ist dasselbe wie das, was die Nazis mit den Juden gemacht haben.“
  • „Die Juden ziehen Vorteile aus dem Holocaust und nutzen das schlechte Gewissen der Deutschen aus.“
  • „Irgendwas werden die Juden schon getan haben, sonst wäre es nicht zu so etwas wie dem Holocaust gekommen.“

 

Die Arbeitsgruppen haben jetzt 15 Minuten Zeit, um die Aussage zu analysieren und die Fragen zu beantworten. Jede Gruppe trägt ihre Ergebnisse auf einem Plakat zusammen.

 

Fragen

  • Welche verschiedenen Personengruppen werden in der Aussage genannt?
  • Was wird über diese Gruppen gesagt, wodurch werden sie charakterisiert?
  • Wer tritt in der Aussage als Schuldige (Täter), wer als Leidtragende (Opfer) in Erscheinung?
  • Was ist an der Aussage problematisch, und warum?
  • Was könnte diese Aussage über diejenigen verraten, die so etwas sagen?

 

Zur gegenseitigen Präsentation ihrer Plakate kommen die TN im Stuhlkreis zusammen. Nacheinander stellen die Gruppen ihre Arbeitsergebnisse vor. Die übrigen TN können gegebenenfalls Nachfragen stellen oder Ergänzungen vorschlagen. Haben alle Gruppen ihre Plakate präsentiert, so fassen die Teamenden ganz kurz die Ergebnisse noch einmal vergleichend zusammen und stellen eventuelle Gemeinsamkeiten heraus.

 

Hinweis: Arbeiten Sie mit einer großen Gruppe, so können Sie die einzelnen Aussagen jeweils auch an mehrere Kleingruppen austeilen und parallel bearbeiten lassen. Achten Sie darauf, dass die TN in den Aussagen problematische Pauschalisierungen (insbes. „die Juden“) und falsche Gleichsetzungen (z.B. „Juden“ = „Israelis“) auch als solche erkennen. Für eine bessere Einordnung der Aussagen steht den Teamenden außerdem eine Argumentationshilfe zur Verfügung (siehe Material). Erwarten Sie nicht unbedingt, dass die TN bereits frühzeitig den projektiven Gehalt der analysierten Aussagen vollumfänglich identifizieren. Stellen Sie aber sicher, dass spätestens der abschließende Kurzvortrag begreiflich macht, dass derart formulierten Vorwürfen kein reales Verhalten eines Gegenübers zugrunde liegen muss.

 

Kurzvortrag (15 Min)

Abschließend halten die Teamenden einen kurzen zusammenführenden Vortrag, den sie in Form einer digitalen Präsentation an (Lein-) Wand oder Smartboard visualisieren (siehe Material). Der Vortrag, der an die gemeinsame Analyse der Aussagen anknüpft und diese vertieft, macht die TN mit dem Phänomen des sekundären Antisemitismus vertraut. Es werden darin unter anderem psychodynamische Grundlagen, Täter-Opfer-Umkehr und (weitere) antisemitische Motive in den Blick genommen.

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz 2. Ein Methodenhandbuch zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Berlin 2017. PDF

 

 

Bildnachweis: b-fruchten / photocase.de

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