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Antisemitisches Verschwörungsdenken

Die Fantasie von einer ‚jüdischen Verschwörung‘

Krude Vorstellungen von angeblicher Macht ‚der Juden‘ und deren vermeintlichen Strebens nach Weltherrschaft gehören zum festen Kern des Antisemitismus. Mittels einer Bildanalyse untersuchen die Teilnehmenden, die mit Merkmalen und Funktionen von Verschwörungstheorien bereits vertraut sein sollten, antisemitische Darstellungsweisen und Zuschreibungen.

Allgemeine Informationen

Konzeptioneller Zugang

Antisemitismus und andere Verschwörungsideologien gehen Hand in Hand: Sie teilen viele typische Merkmale, weisen oft vergleichbare Motive auf und erfüllen teils ähnliche Funktionen. Einige davon können anhand einer judenfeindlichen Karikatur beispielhaft herausgearbeitet werden. Da jede Arbeit mit antisemitischen (Bild-) Darstellungen Gefahr läuft, ungewollt zur Reproduktion und weiteren Popularisierung stigmatisierender Inszenierungen und Erzählungen beizutragen, wurde hier eine Karikatur mit möglichst wenigen rassistischen Attributen ausgewählt.

Lernziele

Die TN sind für die Existenz von antisemitischen Verschwörungstheorien sensibilisiert. Sie wissen um die antisemitischen Zuschreibungen von Machtstreben und globalem Einfluss von Jüdinnen und Juden.

Material

Material-Download, Beamer/Smartboard

ZEIT

20 Min

 

Bildanalyse

Übung (15 Min)

Die TN sitzen im Stuhlkreis und mit freiem Sichtfeld vor einer (Lein-)Wand oder einem Smartboard, worauf ein Bild projiziert werden kann. Die anschließende Bildanalyse nehmen alle gemeinsam in einem moderierten Gespräch vor.

Zunächst jedoch kündigen die Teamenden einleitend die bevorstehende Arbeit mit einer Karikatur an und erläutern den Begriff.

 

Definition: Eine Karikatur (ital. caricare = überladen) ist eine satirisch verzerrte Zeichnung. Karikaturen begegnen uns tagtäglich in den Medien. Sie machen sich in zugespitzter und übertriebener Form über bestimmte Personen, gesellschaftliche Gruppen oder politische Sachverhalte lustig. Ihr Ziel ist es, auf einen konkreten als problematisch empfundenen Umstand aufmerksam zu machen, ihn zu kommentieren und zu kritisieren.

 

Erst danach werfen die Teamenden das Bild (siehe Material) an die Wand. Die ausführliche Analyse der Karikatur folgt einem Dreischritt aus Beschreibung, Deutung und Einordnung des Dargestellten anhand von Leitfragen.

 

Hinweis: Beachten Sie als Voraussetzung für diese Übung unbedingt, dass die TN mit typischen Merkmalen und Mechanismen von Verschwörungstheorien bereits vertraut sein müssen! Arbeiten Sie diese im Vorfeld mit den TN heraus, z. B. mit der Rätsel-Rallye aus der Methode „Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt!“. Stellen Sie sicher, dass die Merkmale für alle sichtbar im Raum hängen, oder nutzen Sie die Arbeitshilfe (siehe Material).

Gegenstand der Bildanalyse ist eine antisemitische Karikatur aus der Feder von Josef Plank (Pseudonym „Seppla“). Der ideologisch gefestigte Karikaturist arbeitete in den 1920er- und 1930er-Jahren für die nationalsozialistische Satirezeitschrift „Die Brennessel“ und das NS-Wochenblatt „Illustrierter Beobachter“. Die um 1938 entstandene Karikatur zeigt einen ‚jüdischen Kraken‘ als Symbol der Weltverschwörung. Sein Gesicht trägt die charakteristischen Züge von Winston Churchill. Der britische Politiker hatte die antisemitische Politik in Deutschland wiederholt verurteilt und stand auch der zionistischen Idee grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Die NS-Propaganda fand in Churchill ein willkommenes Feindbild und diffamierte ihn als Teil einer ‚jüdischen Verschwörung‘.

Die Methode eignet sich auch als Hinführung zu einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Thema Antisemitismus oder antisemitische Verschwörungstheorien.

Sollten im Raum die Licht- und Sichtverhältnisse für das gemeinsame Betrachten der projizierten Abbildung unvorteilhaft sein, so können Sie die Karikatur auch mehrfach ausdrucken und direkt an die TN ausgeben. Sammeln Sie die Bilder nach der Übung wieder ein!

 

Im ersten Schritt (Beschreibung) geben die TN erst einmal die einzelnen Bildelemente wieder. Dabei beschränken sie sich auf eine möglichst sachliche Schilderung und nehmen noch keine weitere Interpretation vor. Sie erkennen einen überproportionierten, den Erdball fest umklammernden Kraken. Seine Tentakel bohren sich derart in die Weltkugel, dass diese verletzt zu bluten scheint. Das Gesicht des Kraken wirkt abstoßend, mürrisch und unfreundlich. Über oder hinter ihm schwebt ein Davidstern.

 

Fragen

  • Was ist auf der Zeichnung zu sehen?
  • Welche Gegenstände, Figuren oder Symbole sind hier abgebildet, und in welchem Verhältnis stehen diese Bildelemente zueinander (z. B. Stellung, Proportionen)?
  • Wie lässt sich der Gesichtsausdruck des Kraken beschreiben, und was tut er mit seinen Tentakeln?

 

Im zweiten Schritt (Deutung) erörtern und interpretieren die TN die Symbolik der Karikatur. Sie identifizieren den Kraken als Sinnbild für eine bedrohliche, die ganze Welt umklammernde und kontrollierende Macht. Der feste Griff seiner Tentakel und das Blut der Erde stehen für den allumfassenden, gewaltsamen und zerstörerischen Charakter seiner Herrschaft. Das über ihm schwebende Symbol des Judentums markiert den Kraken entweder als jüdisch oder als unter jüdischem Einfluss stehend.

 

Fragen

  • Was will der Zeichner mit dieser Karikatur ausdrücken?
  • Welche Bedeutung haben die einzelnen Elemente, Symbole und Handlungen?
  • Wofür steht der Krake mit seinen Tentakeln, und warum hat der Zeichner ausgerechnet dieses Tier gewählt?
  • Wie ist der hinter/über dem Kraken schwebende Davidstern zu deuten, und was wird damit unterstellt?

 

Im dritten Schritt der Bildbetrachtung (Einordnung) stellen die TN die Karikatur schließlich in den übergeordneten Zusammenhang irrationalen Verschwörungsdenkens. Sie arbeiten heraus, dass die antisemitische Idee ‚jüdischer‘ Macht und Einflussnahme eine haarsträubend verallgemeinernde und bösartige Unterstellung darstellt.

 

Fragen

  • Warum lässt sich diese Zeichnung als judenfeindlich charakterisieren, und was genau wird über Jüdinnen und Juden behauptet?
  • Woran ist auszumachen, dass es sich hier um eine Verschwörungstheorie handelt, bzw. welche Merkmale einer Verschwörungstheorie sind wiederzuerkennen?
  • Spielt es eine Rolle, dass der Zeichner ein Anhänger des Nationalsozialismus war?

 

Zusammenführung (5 Min)

Die Teamenden fassen die zentralen Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Bildanalyse nochmals zusammen. Sie können die TN an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass es sich um eine Karikatur aus der NS-Propaganda handelt.

Die Teamenden weisen deutlich darauf hin, dass die Bilddarstellung nur eine antisemitische Fantasie wiedergibt. Sie zeigen mit Bezug auf die typischen Merkmale einer Verschwörungstheorie erneut auf, dass diese Fantasie sich aus Vorannahmen und Unterstellungen speist. Sie stellen heraus, dass solche judenfeindlichen Bilder einerseits an alte Vorurteile anknüpfen können und andererseits immer wieder neu verbreitet und somit aktualisiert werden. Auch heute noch kursieren unsinnige Vorstellungen und bösartige Behauptungen über ‚die Juden’ – Gerüchte über ihre angeblichen Charaktereigenschaften, über Macht und Einfluss, über verderbliche und andere schädigende Handlungen.

Quelle

KIgA e.V. (Hg.): Widerspruchstoleranz 2. Ein Methodenhandbuch zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit. Berlin 2017. PDF

 

 

Bildnachweis: Igor Starkov / unsplash.com

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